Sonntag, 15. August 2010

Skurrile Begegnungen

* Das Toiletten-Personal in Petersburg schien mich nicht zu mögen: Als ich im Historischen Museum vom Stillen Örtchen kam, sah ich plötzlich eine Klofrau, die vorher nicht da war. Sie schaute mich herausfordernd an und tippte auf einen Teller mit Kleingeld. Ich fragte: "Wie viel?" – "Wenn Sie Russe sind - zwei Rubel. Wenn nicht, dann so viel, wie Sie können." - Ich knallte ihr stumm zwei Rubel hin und ging… Im Ermitage erging es mir nicht viel besser: Ich fragte höflich die Klofrau, ob es denn kein Papier gibt. Sie keifte mich an: „Was erwarten Sie eigentlich alles von einer Gratis-Toilette?“

* In der Straßenbahn sah ich einmal eine Frau, die einen riesigen Spinnen-Anstecker an der Bluse hatte. Ich starrte das Ding eine Weile an, dann sprach sie mich an: “Woher sind Sie?” - Ich gab meine Standard-Antwort: “Raten Sie mal.” - “Doch nicht etwa aus Bulgarien?” fragte sie mit leicht aggressiver Stimme. Nach der ersten Verwunderung dachte ich: Na wenigstens scheine ich einen slavischen Akzent zu haben. Meine Antwort, ich käme aus Deutschland, beruhigte sie offenbar. Dann sagte sie mir, man hätte besser Deutschland mit Russland vereinen sollen. Dass es in der UdSSR viel besser gewesen war, weil man faulenzen konnte, soviel man wollte, schließlich zwang einen ja niemand zum Arbeiten. Dann zeigte sie mit dem Finger auf den Block, in dem sie wohnte, erklärte mir, dass sie zwei unverheiratete Töchter hätte, und lud mich zu sich nach Hause ein. Ich ergriff eilends die Flucht.

* Ich sah einen Bankschalter am Straßenrand und ging hin, um Geld zu wechseln. Die Bankangestellte saß gerade vor dem Computer und spielte in aller Ruhe Tetris. Als ich sanft ans Fenster klopfte, schreckte sie hoch, schaute mich mit bedauernder Miene an und entschuldigte sich. Es stellte sich heraus, dass sie kein Geld wechseln konnte. Sie wandte sich also wieder ihrem Tetris-Spiel zu. Eine Sekunde später erschien ein Mann in Militärkleidung in ihrem Raum, und ich dachte, jetzt macht er sie fertig. Denkste. Er stellte sich derart vors Fenster, dass ich außer seinem breiten Kreuz nichts mehr sehen konnte, starrte auf den Bildschirm und rief begeistert: "Jaaa! Jetzt dahin! und jetzt dorthin!"

* Ich fuhr mit der Metro. Mir gegenüber saß eine Frau – breitbeinig, mit schwarzen Leggins. Genau zwischen den Beinen klaffte ein großer, ovaler Schlitz, sodass man ihre dunkelblaue Unterhose sah. Da saß sie und kratzte sich eine ganze Weile genüsslich diese Stelle.

* Dies hier ist nicht direkt eine Begegnung – allenfalls auf Schallwellen-Ebene. Auf dem Finnischen Bahnhof hörte ich folgende Durchsage: "Werte Passagiere! Von Ihrem Verhalten hängt die Laune unserer Mitarbeiter ab."

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