Kiew

Freitag, 14. Januar 2011

Nützlicher Hinweis

1998. Ein Reisebus fährt von der Ukraine nach Deutschland. Kurz vor der polnisch-deutschen Grenze hört man folgende Durchsage vom ukrainischen Fahrer: “Liebe Reisenden, denken Sie daran, dass die deutschen Grenzer keine Bestechung annehmen, wie es in unserem Lande üblich ist.”

"Chut-Chut" und seine Nuancen

Wohnheimfete in Kiew. Einer fragt mich: “Willst du noch Wodka?” Meine Antwort: “Aber nur chut-chut!” (ein bisschen). Er giesst mir ein Hundert-Gramm-Glas derart voll, dass es gerade so nicht überläuft. Ich frage ihn: “Nennst du das chut-chut?” – Antwort: “Chut-chut ist ein relativer Begriff.”

Beim Friseur

Ich wollte zum Friseur gehen – ganz vornehm, in den Friseursalon auf der Prachtstrasse von Kiew. Ich kam also rein und freute mich auf’s Verwöhntwerden. Die Friseuse aber drückte mir in die eine Hand eine Flasche Shampoo, in die andere ein Handtuch und sagte zu mir: “Kommen Sie mit.” Dann führte sie mich in einen Raum, in dem sich mehrere Badewannen mit verrosteten Duschen befanden, und murmelte mir etwas zu. Ich starrte sie ungläubig an, und sie wiederholte, schon etwas ungeduldig: . ”Waschen, waschen!”

Andrejs Anekdoten

Der Löwe, der König der Tiere, ging eines Tages zum Wolf und sagte: ”Wolf, du stehst auf meiner Liste, komm am Sonntag zu mir, da werde ich dich fressen. – Fragen?” – ”Nein.” – Der Wolf kam am Sonntag zum Löwen, und dieser frass ihn. – Als nächstes ging der Löwe zum Bären und sagte: ”Bär, du stehst auf meiner Liste, komm am Sonntag zu mir, da werde ich dich fressen. – Fragen?” – ”Nein.” – Der Bär kam am Sonntag zum Löwen, und dieser frass ihn. – Als nächstes ging der Löwe zum Fuchs und sagte: ”Fuchs, du stehst auf meiner Liste, komm am Sonntag zu mir, da werde ich dich fressen. – Fragen?” – ”Ja!” erwiderte der Fuchs. – ”Ich höre.” – ”Was ist, wenn ich nicht komme?” - ”Gut”, sprach der Löwe, ”ich streiche dich von meiner Liste.”

Was ist der Unterschied zwischen Optimist, Pessimist und Realist? – Der Optimist lernt Englisch, der Pessimist lernt Chinesisch und der Realist lernt, wie man mit einer Kalaschnikov umgeht.

Tag des Sieges, Tag des Sieges...

Der ereignisreichste Tag in Kiew war eindeutig der neunte Mai, der Tag des Sieges. Schon Tage vorher ging mir Andrei auf den Nerv mit seinem Gesinge: "Tag des Sieges, Tag des Sieges". Klar, dass ich das Opfer war - als einzige Deutsche im Wohnheim. Der neunte Mai begann mit wunderschönem Wetter. Wir beschlossen, im Wald ein Picknick zu machen. Zogen also los, fanden einen wunderschönen Ort, machten ein Feuer, brieten Speck. Hatten allerdings vergessen, Besteck mitzunehmen, und aßen daher mit Spießchen, die wir uns aus herumliegenden Zweigen bastelten. Nach dem Essen fand einer von uns im Wald eine "Tarzanka" - eine Affenschaukel. Die sah folgendermaßen aus: An einen Ast in etwa drei Metern Höhe war ein Seil gebunden, am unteren Ende des Seiles war ein dicker Stock von etwa einem Meter Länge gebunden. Wenn man an den Stock heranging, hing er etwa in Brusthöhe. Ein paar Schritte weiter vorn begann ein steiler Abhang. Wenn man also den Stock mit beiden Händen ergriff, sich daran festhielt und abstieß, konnte man damit in den Wald hineinschaukeln und zurück. Die Jungs, schon etwas angetrunken, fingen sofort damit an. Nur ich stellte mich zu blöd an: Ich fiel hin, verknackste mir den Fuß und konnte nicht mehr laufen. Da saß ich nun im Gras, während die anderen mir mit einem Tuch den Fuß verbanden. "Sieht aus wie eine rote Fahne", sagte jemand, und ich meinte: "Na, dann könnt ihr diese ja endlich am Berliner Reichstag hissen." Alle prusteten los und schlugen sich auf die Schenkel. Danach trugen mich die Jungs abwechselnd durch den Wald. Sara's Kommentar dazu: "So wär's gewesen, wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte: Die Deutschen nutzen die Sowjets als Lasttiere." - Wir erreichten einen kleinen Teich. Überall saßen Leute an Lagerfeuern und sangen: "Tag des Sieges, Tag des Sieges." Andrei ging zu einer Familie und kam mit einem Herrn zurück. Wir fragten ihn: "Sind Sie Arzt?" - "Ja, ich bin Psychologe." Er nahm meinen Fuß in die Hand, bewegte ihn. "Tut es weh?" -"Jaaa!" Er drehte ihn in die andere Richtung: "Und jetzt?" - "Jaaaa!" Andrei verscheuchte ihn und fand schließlich jemanden, der bereit war, uns zum Wohnheim zu fahren. Dort angekommen, legte ich mich auf's Bett, und Andrei rief irgendwo an. Sara schaltete mir den Fernseher ein, ging in die Küche und setzte Teewasser auf. Allerdings konnte ich das Fernsehen nicht wirklich genießen: Das erste, was ich dort sah, war... das zerstörte Berlin und einen Soldaten, der die sowjetische Fahne auf dem Reichstag hisste. Dazu lief sowjetische Kriegsmusik. Sara stürmte ins Zimmer. Einziger Kommentar: "Das ist schrecklich". Sie schaltete aus. - Die Krankenschwester kam inzwischen, ich wurde mittels Krankenwagen in die nächste Klinik gebracht. Da saß ich nun, zusammen mit den Jungs, wir warteten. Andrei schaute sich schon mal den Röntgenapparat im Nebenzimmer an und erzählte mir: "Sieht aus wie ein kleiner Reaktor." - "Danke", knurrte ich. Trotzdem musste ich das Röntgen über mich ergehen lassen und bekam Gips, den ich zwei Wochen tragen musste... Andrei schrieb mir später auf's Gipsbein: "Tag des Sieges" und malte einen Sowjetstern daneben. Auf die andere Seite schrieb er: "Der Feind geht nicht vorbei. Die Partisanen". Und auf die Ferse malte er das Zeichen für Radioaktivität: "Nach Tschernobyl sind's noch 100 Kilometer."

Sonntag, 10. Oktober 2010

Das 20. Jahrhundert: Delikate Dialoge

Ich erzählte in lustiger Runde, dass im offiziellen DDR-Sprachgebrauch Begriffe wie ”ruhmreiche Sowjetunion” und ”friedliebende Sowjetunion” verwendet wurden.
Sara, die Finnin, lachte sich kaputt.
Andrei, der Ukrainer, verzog keine Miene: ”Wieso, stimmt doch.”
***
Fragt mich ein Ukrainer: “Bist du eigentlich katholisch oder evangelisch?” – “Weder noch.” – Logische Schlussfolgerung des Ukrainers: “Aha, dann bist du also Atheist. Und wenn du Atheist bist, dann bist du auch Kommunist.”
***
Andrei lud uns - Sara und mich - in sein Zimmer ein, wo er uns mit einem selbstgemachten Reisauflauf in einer großen Pfanne bewirtete: Er stellte die Pfanne auf einen großen Tisch und teilte den Inhalt in drei Teile.
Zu meinem Teil sagte er: "Das ist Deutschland."
Dann zeigte er auf Saras Teil: "Das ist Finnland."
Dann zeigte er auf seinen Teil: "Das ist die Ukraine."
Danach drehte er die Pfanne um etwa dreißig Grad: "Und jetzt isst jeder das Land seines Nachbarn." -
Ich bekam Finnland. "Wenn du ein großes Fettstück findest - das ist unser Präsident", warnte mich Sara.
Andrei dagegen fragte Sara nach einer Weile: "Und, wie ist die Ukraine?" - Sara begann zu husten. "Was ist los?" - "Ich habe gerade die Ostukraine gegessen. Schrecklich, diese Industrie dort..." - "Aber warum isst du nicht weiter? Schau mal, der ganze Norden ist übrig." - "Das ess' ich nicht, bist du denn wahnsinnig? Dort ist Tschernobyl!"
***
Ich unterhielt mich mit Andrei über Deutschland. Andrei wollte wissen, ob ich mich als Deutsche des vereinten Deutschlands fühle oder als Ostdeutsche. Eine schwierige Frage.
"Eigentlich als Gesamtdeutsche, aber in einigen Punkten bin ich von der ostdeutschen Mentalität beeinflusst". -
"Was meinst du genau?" -
"Vielleicht der kollektive Geist. In Westdeutschland steht eher das Individuum im Vordergrund. Das mit dem kollektiven Geist stammt wahrscheinlich aus der DDR-Zeit." -
Andrei grinste: "Bewahrt euch das - das kommt von uns..."
***
Ein Russlanddeutscher mit Namen Iwan kam öfter mal zu uns zum Teetrinken und Deutsch reden. Jedes Mal wenn er zur Tür herein war, sagte er "Guten Tag" (auf Deutsch), stand stramm und legte dabei die Hände an die Hosennaht. Offenbar glaubte er, dass man sich so in Deutschland begrüßt. Ich versuchte mehrmals vergeblich, ihm das auszureden. - Sobald er kam, verzog sich Sara sofort ins Wohnzimmer: "Ihr sprecht ja eh nur Deutsch", und ließ mich mit ihm allein.
Einmal hatte er Kassetten mitgebracht: "Hier, das sind deutsche Kaisermärsche. Ich liebe deutsche Militärmusik. Was, du nicht??? Sag mal, kannst du mir nicht von denen so eine Kassette besorgen??? Was? Warum denn nicht???"
Wenig später erzählte er mir, dass er nach Deutschland auswandern und dort Pfarrer werden möchte.
***
Ich saß mit Andrei in der Küche, er erzählte mir von allen möglichen Foltermethoden. Als ihm nichts mehr einfiel, holte ich aus meinem Bücherschrank "Archipel Gulag" von Solschenizyn und zeigte ihm die Seiten, auf denen die Foltermethoden des NKWD (Name des KGB zur Stalin-Zeit) beschrieben wurden. Andrei stürzte sich auf das Buch, verschlang diese Seiten regelrecht und rief alle zwanzig Sekunden: "Kruto!“ (Geil!)
***
Mehrmals besuchte uns Gotscha, ein junger Georgier. Einmal erzählte er mir begeistert von Stalin.
Ich unterbrach ihn:
"Findest du das wirklich so toll, dass unter ihm Millionen von Menschen umgekommen sind?" -
"Na was denn, Stalin hatte große Ziele. Dafür musste er eben Opfer bringen." -
"Meinst du, der Zweck heiligt die Mittel?" -
"Ja."
***
Wir saßen zusammen beim Tee. Andrei (Ukrainer) plauderte mit mir über den Alltag an der sozialistischen Schule:
"Gab's bei euch auch Lenin-Appell? Altstoffsammlungen? Pioniernachmittage? Und wie lief das bei euch ab?"
Und schon waren wir in Weißt-du-noch-Geschichten verstrickt. Es war erstaunlich, wie viel Ähnlichkeiten wir herausfanden.
Ich schaute kurz in die Runde: Sara (Finnin) hatte uns offenbar interessiert zugehört, ohne sich allzu sehr zu wundern. Simon (Spanier) dagegen saß da mit einer Hand auf der Stirn, weitaufgerissenen Augen und heruntergeklappter Kinnlade.
***
Mitten in der Kutschma-Ära.
Andrei sagte uns: ”Also wenn ich hier in der Ukraine Präsident wäre, dann würde ich richtig aufräumen. Dann würde hier ein anderer Wind wehen.” –
”Ach ja, was würdest du denn konkret machen?” fragten wir neugierig.
Er erzählte: ”Also als erstes würde ich die jetzige Regierung entlassen.” –
”Ach ja, und dann? ” –
”Dann würde ich eine andere Regierung einsetzen, die aus meinen besten Freunden besteht.” –
”Ach ja, und dann?” –
”Dann würde ich alles tun, dass sie sich strikt an meine Anweisungen halten.” –
”Ach ja, und was würde sich damit in der Ukraine ändern?” –
Keine Antwort…
***
Ich wollte in gemütlicher Runde erzählen, dass im März zwei deutsche Studentinnen zum Praktikum nach Kiew kommen, eigentlich mit dem Hintergedanken, dass wir mit denen mal was unternehmen könnten. Allerdings drückte ich mich auf Russisch etwas unglücklich aus:
“V marte nemtsy budut v Kiewe.” –
“Im März sind die Deutschen in Kiew.” –
Andrei schaute mich mit schreckensverzerrten Augen an:
“Was? Wie?” –
“Na wie schon”, antwortete Sara kaltblütig, “mit Panzern und Flugzeugen natürlich.”
Ich bekam fast einen Schreikrampf.
Später gestand mir Sara: “Ich wollte mit der Antwort nicht dich ärgern, sondern Andrei.”
***
Jedes Mal, wenn Andrei zu uns kam, sagte er nach wenigen Minuten zu mir: ”Weißt du was, ich habe eine Frage.” Daraufhin folgte immer eine Frage, die etwas mit dem Zweiten Weltkrieg zu tun hatte. Sara meinte zu mir: ”Der will dich nur ärgern, weil du die einzige Deutsche hier im Wohnheim bist.”
Einmal, als Sara und ich Gäste hatten, erzählten wir ihnen davon, die fanden das sehr amüsant. Wenige Minuten später kam auch Andrei zu uns. Wir saßen zusammen und redeten über Belangloses, da sagte Andrei plötzlich nichtsahnend zu mir: ”Du, ich habe eine Frage.” Alles brüllte los vor Lachen. Außer Andrei, der gar nicht wusste, wie ihm geschah.
***
Andrei sagte uns:
”Das heutige Russland ist schwach. Das liegt daran, dass die jetzige junge Generation an nichts mehr glaubt. Aber das wird sich ändern, nach zwei oder drei Generationen. Dann wird sich der russische Doppeladler wieder erheben. Das wird interessant.” –
Sara, die Finnin, wurde hellhörig:
“Ach ja? Wird das auch interessant für uns?”

Dienstag, 5. Oktober 2010

Geburtstagsparty mit Hindernissen

Meinen Geburtstag feierte ich im Kiewer Wohnheim. Zum Kuchenbacken brauchte ich eine Packung Eier, fand aber keine im Laden um die Ecke, und bis zum nächsten Geschäft war es weit. Ich hörte, dass Atzu nochmal in die Stadt fahren wollte, und bat ihn inständig, Eier mitzubringen. Nach vielleicht einer Stunde kam er zurück und drückte mir freudestrahlend sein Geschenk in die Hand: eine mit Kette und Hängeschloss umwickelte Eierpackung, in der sich außer den ersehnten Hühnerprodukten auch ein Tamagotchi befand. - Ich hatte ja keine Erfahrung mit diesem Zeug. Es lag bei uns eine Weile in der Küche rum. Irgendwann schaltete ich das Ding einfach mal an, so nach dem Motto: Mal sehen, was passiert. War dann aber jedesmal ziemlich genervt und hilflos, wenn es lospiepte. Sara weigerte sich strikt, sich um das Teil zu kümmern, und so ist das Tamagotchi bei uns mehrere Male eines kläglichen Todes gestorben.

Nach dem Geburtstags-Abendessen teilten sich meine Gäste in zwei Gruppen: die Leute, die mehr oder weniger Deutsch sprachen, blieben im Wohnzimmer, die anderen zogen sich in die Küche zurück und spielten Poker. Irgendwann nach Mitternacht kam unsere Wohnzimmer-Truppe auf die Idee, eine Disco zu machen. Die Ukrainer legten "Modern Talking" ein, volle Lautstärke, und tanzten. Plötzlich klingelte es, draußen stand die Deschurnaja, eine Dame von der Hotelrezeption (diese haben in Russland und der Ukraine auch die Funktion von Ordnungshütern). Sie erzählte uns, dass sich die Nachbarn von allen Seiten beschwert hätten. Nun gut, wir machten die Musik leiser. Es klingelte wieder. Diesmal war's die Nachbarin von unter uns, eine ältere bulgarische Dozentin. Nun gut, wir hörten noch leiser, trauten uns nicht mal mehr, die Füße beim Tanzen zu bewegen. Zwecklos - es klingelte wieder. Diesmal war's die Deschurnaja. Sie war unerwartet verständnisvoll: "Mir ist ja egal, was ihr macht, aber diese Nachbarin von euch geht mir langsam auf die Nerven, sie kommt dauernd zu mir und beschwert sich, darum, bitte, macht die Musik aus." - Was soll's - die Disko war damit beendet und die Party auch. Ich war stinksauer. - Am nächsten Morgen klingelte es wieder an der Tür. Wieder einmal die Dozentin, diesmal mit ihrem Mann. Sie stellte sich vor mir auf und übergoss mich mit ihren Schimpftiraden. Sie erzählte mir, dass sie eine hochgeachtete Universitätslehrerin sei, dass wir diese Nacht ihre Gesundheit ruiniert hätten, dass sie jetzt Medikamente nehmen müsse und nun arbeitsunfähig sei usw. Ihr Mann stand daneben und sagte kein Wort. Ab und zu drehte sie sich zu ihm um mit den Worten: "prawda sche?" (Stimmt's?), woraufhin er ergeben nickte. Als ihr dann irgendwann nichts mehr einfiel, gingen die beiden. Ich schloss die Tür und setzte mich in die Küche - Sara war bei ihrem spanischen Freund -, frühstückte und hörte laute Musik. Meine Laune war übelst schlecht. Dann klingelte es. Aha, dachte ich, jetzt kommen die anderen Nachbarn. Sofort schaltete ich die Musik aus und fragte misstrauisch: "Wer ist dort?" - "Sara" sagte jemand kleinlaut. Meine Finnin war gekommen...

Unsere Nachbarin ließ uns bis zum Ende des Studienjahres keine Ruhe. Einmal sah ich mit Sara bis gegen elf Uhr abends fern, wir sprachen überhaupt nicht, sagten nur einander "gute Nacht". Am nächsten Tag kam die gute Frau wieder. Sie war noch wütender als an meinem Geburtstag. Jetzt hatte sie ganz andere Argumente (die allerdings nicht haltbar sind): "Ihr macht ständig Krach, ihr seid ständig betrunken, was ist das überhaupt für eine Erziehung, wo seid ihr eigentlich aufgewachsen... Ich bin eine geachtete Dozentin, ich kann veranlassen, dass man euch aus dem Wohnheim schmeißt..." Es war schwierig, sie loszuwerden.

Wir waren nicht die einzigen, denen die bulgarische Lehrerin das Leben schwer machte. Sie beschwerte sich, als wir mit Georgiern zwei Etagen über ihr feierten. Sie beschwerte sich auch bei einem Mädchen, das an einem Samstagnachmittag in Zimmerlautstärke Musik hörte: "Ihre Musik stört mich beim Schreibmaschineschreiben." - "Und mich stört Ihr Schreibmaschineschreiben beim Musikhören." Die Dozentin guckte sie schockiert an und ging.

Der einzige Mensch, mit dem sich die bulgarische Dozentin angefreundet hatte, war ein junger Pole, der übrigens ein gutes Glas Wodka nicht verschmäht. Sara und ich hatten mehrmals bei ihm gefeiert. Sara unterhielt sich oft mit ihm und erzählte mir einmal, dass er inzwischen die Flucht ergreift, wenn er sie (die Dozentin) sieht, da sie sich ständig bei ihm über ihre Leiden ausheult.

Samstag, 2. Oktober 2010

Wohnheim, Mensa, Multikulti

Yksi Kaksi Kolme
In Kiew wohnte ich in einem sogenannten Studentenhotel für "Privilegierte": Ausländische Studenten, Doktoranden, Lehrkräfte. Ich wohnte dort zusammen mit einer finnischen Studentin: Sara. Für die Sprachpraxis Russisch war das ideal, weil wir ja die ganze Zeit nur Russisch sprachen. Ich lernte von ihr ein paar finnische Wörter und Ausdrücke, sowas wie Gute Nacht, Eins zwei drei und auch einige Schimpfwörter, die ich allerdings nur hörte, wenn sie allein in der Küche werkelte. Dafür lernte sie von mir auch was: "Scheiße".

Trudovoi lager
Sara war kurz vor ihrer Anreise in einem sibirische Jugend-Workcamp gewesen. Nun ist es so, dass "Work Camp" auf Russisch "trudovoi lager" heißt, wobei dieser Ausdruck auch die Bedeutung "Arbeitslager" hat. Sara war das zunächst nicht bewusst. Schon an den ersten Tagen, als wir ukrainische Studenten kennenlernten, erzählte sie ihnen voller Stolz, dass sie "vor kurzem als Leiterin in einem sibirischen trudovoi lager gearbeitet hatte", und wunderte sich über die schreckensverzerrten Gesichter der Ukrainer. Später war sie bei Gesprächen mit Kiewer Studenten vorsichtiger in ihrer Wortwahl.

Fenster verkleben
Im späten Herbst wurde es kalt im Wohnheim. Wir wussten nicht, wann und ob überhaupt im Wohnheim geheizt werden würde. Also halfen wir uns selbst: schalteten alle Herdplatten an, inklusiv Herdröhre, die wir öffneten. Bald lernten wir von den Wohnheim-Bewohnern, was man gegen das Eindringen der Kälte macht: die undichten Fenster verkleben! Das taten wir dann auch, und nur kurze Zeit später begann man tatsächlich zu heizen.

Katsumerda
Am Slawistik-Institut studierten noch einige andere Ausländer. Meine Finnin und ich, wir waren das ganze Jahr da. Fast die gesamte österreichische Gruppe und ein Spanier reisten Ende September ab, dafür kamen ein anderer Spanier, ein Japaner und zwei Italienerinnen. Eine der Österreicher(innen) blieb ein ganzes Semester. - Jeden Tag um die Mittagszeit trafen wir uns in der Mensa des Instituts, und zwar in einer Mensa für "Privilegierte", sprich: für Ausländer. Dort bekamen wir täglich drei bis vier Gänge serviert: gute ukrainische Hausmannskost für umgerechnet schlappe drei Euro. Unsere Gruppe saß um relativ kleinen Tisch herum, und wir hatten jede Menge Spaß. Vor allem, als wir über Schimpfwörter sprachen. Eigentlich fing das ganz harmlos an, nämlich mit zum Beispiel, dass man in Japan nicht "chin-chin" sagen darf, oder "katsumerda" auf Italienisch. "Katsumerda" heißt übrigens auf Finnisch "schau auf's Meer", auf Italienisch dagegen dasselbe, wie "chin-chin" auf Japanisch… Und unserer Österreicherin passierte folgender Ausrutscher: “Ich muss mehr Milch trinken, mein Körper braucht Cäsium.“ - Kann durchaus passieren, wenn die unmittelbare Nähe zu Tschernobyl im Unterbewusstsein wach ist…

Atsuismen
Atsu, unser Japaner, schien das russische Wort "tschut-tschut" (zu deutsch: "ein bisschen") zu mögen. Er verwendete es viel, war sich aber offenbar über dessen Bedeutung nicht ganz im klaren. So hörten wir von ihm einige rätselhafte Aussagen, wie zum Beispiel diese: "Die japanische Botschaft arbeitet tschut-tschut gut" oder "Das ist tschut-tschut dasselbe, aber ganz anders." - In Saras Jargon nannten sich derartige Äußerungen "Atsuismen". - Atsuismen im weiteren Sinne wurden von uns Ausländern beim Russischsprechen oft verwendet - spontan gebildete russifizierte Internationalismen oder Anglizismen. Innerhalb der Ausländergruppe verstand das jeder, nur die Ukrainer wurden irgendwie nie so ganz schlau daraus.

Obolon und Samogon
Pablo, unser Spanier, gab Ende September eine Abschiedsparty. Wir trafen uns in irgendeiner Wohnheimküche, jeder schleppte die Alkoholvorräte mit, die er bei sich auftreiben konnte, Atsu brachte ein interessantes japanisches Fischgebäck mit, die Spanier - Gitarren, die Ukrainer - Samogon (Selbstgebrannten). - Nun ist es so, dass man bei den Ostslawen bei jedem Alkohol-Einschank oder -nachschank einen Extra-Toast ausbringen muss, damit quasi jedes Glas Alkohol begründet wird. In unserer Situation war das nicht so einfach, da es bedeutend mehr Alkohol als Trinkanlässe gab. Daher setzten wir uns über die Regel hinweg, wodurch an jenem Abend der Spruch "Pablo fährt weg" zigmal gefallen war. Wir tranken den gesamten Vorrat: Sekt (den sogenannten "Sowjetskoie Schampanskoie" - Sowjetischen Sekt), Bier ("Obolon", gebraut im gleichnamigen Kiewer Stadtteil), Samogon, Wein. Ich weiß nicht mehr, in welcher Reihenfolge. Und jeder trank aus seinem bescheidenen sowjetischen Wohnheim-Tässchen... Obwohl ich nicht mittrank, hatte ich jede Menge Spaß. Es war nämlich sehr amüsant zu beobachten, wie die anderen sich mit der Zeit veränderten. Gegen Ende der Party schwamm auf unserem Tisch eine riesige Pfütze aus unterschiedlichsten Getränken. Auf diesem Tisch spielten wir Karten. Auf diesen sind übrigens heute noch Rotweinflecken zu erkennen.

Samstag, 25. September 2010

Schto?

Da kam ich frisch von der Schul- bzw. Uni-Bank in die Ukraine, mit Eins im Russisch-Abitur, aber ohne Erfahrung im freien Sprechen. War auch in meinem bisherigen Russisch-Unterricht irgendwie nie vorgesehen. - Als ich das allererste Mal spontan was auf Russisch sagen MUSSTE, saß ich in der Kiewer U-Bahn und wurde nach der Zeit gefragt. Mechanisch antwortete ich: "Piat posle tschetyrie" - wörtlich: "Fünf nach vier". Die Dame schaute mich ziemlich entgeistert an: "Schtooooooo?!?!" – DAS geht nun mal im Russischen überhaupt nicht. Mein zweiter Anlauf, die Antwort: "Vier Uhr und fünf Minuten", schien sie aber zu verstehen. - "Piat piatovo" - fünf (Minuten) der fünften (Stunde) - wäre übrigens die perfekte Antwort gewesen. - Aber immerhin hatte ich damit einen Grund, mir die russischsprachigen Zeitangaben gehörig einzubläuen: Noch einmal wollte ich mich nicht blamieren.

Ich fuhr jeden Tag mit der Metro zur Uni. Auf dem Heimweg nahm ich mir meistens Zeit zum Shoppen: In meiner Aussteige-Metro-Station standen nämlich viele Babuschkas, die an winzig kleinen Ständen ihre Ware feilboten: Obst, Gemüse, Piroggen, Schokolade, Zeitungen, Kleidung, Bücher und vieles mehr. Einmal wollte ich dort Zutaten für einen knackigen Tomatensalat kaufen. Dazu brauchte ich auch Petersilie und Dill. Blöderweise wusste ich nicht mehr, was "Dill" heißt. Irgendein kurzes Wort mit zwei Silben und "u" am Anfang. Was gibt's da gleich für Wörter? ... "Petruschku i utjug" sagte ich selbstbewusst und wunderte mich über die entsetzte Reaktion der Verkäuferin, die mich partout nicht verstehen wollte. Ich ging also ohne Dill nach Hause. - Auf dem Heimweg fiel mir dann ein: Dill heißt "ukrop". Und "utjug" bedeutet - Bügeleisen.

Ich wollte Quark kaufen. Zu einer Zeit, als es kaum Supermärkte gab in Kiew, stattdessen aber Straßenmärkte und Geschäfte ohne Selbstbedienung, wo die Verkäuferinnen hinter ihren Ladentischen stehen. Ich betrat also einen solchen Tante-Emma-Laden (wenn dieser Begriff überhaupt passt). Die Verkäuferin registrierte mich zunächst nicht. Schaute mit leerem Blick in die Ferne. Ich suchte Blickkontakt. Grüßte. Langsam wandte sie sich mir zu. Fragte: „Schto?“ Mit einer Stimme, als hätte ich sie nachts um drei aus süßen Träumen geweckt.
- „Tvaróg, paschalsta“. – „Schto?“
Kurze Erläuterung: „Quark“ heißt auf Russisch „tvorog“. Ausgesprochen: „tvaróg“ (mit Betonung auf der zweiten Silbe). Das O in der ersten Silbe wird zu A, weil unbetontes O wie A ausgesprochen wird - normalerweise. Im Wolgagebiet allerdings bleibt das unbetonte O ein O: „tvoróg“. - Im Ukrainischen dagegen heißt „Quark“ „tvoróh“ . Mit Betonung auf dem zweiten O. Das G wird zum H. - Beim Aussprechen des Wortes „Quark“ könnte man in Kiew aber auch surshik verwenden - ein willkürliches Gemisch aus Russisch und Ukrainisch.
Da mich die Verkäuferin also offenbar nicht verstand, probierte ich alle möglichen Varianten:
- „Tvoróg.“ – „Schto?“
Na gut, aus dem Wolgagebiet kommt sie also nicht.
- „Tvoróh.“ – „???“
OK, ich kann nicht davon ausgehen, dass alle Kiewer Ukrainisch können. Aber einen Versuch war es wert.
Hatte ich mir vielleicht die Betonung falsch eingeprägt? Noch einmal:
- „Tvórag.“ – „Schto?“
- „Tvórog.“ – „???“
Ich merkte, wie meine Stimme weinerlich wurde. Letzter Versuch: Surschik.
- „Tvaróh“. – „Schto?“
Stimmt jetzt die Betonung wieder nicht?
- „Tvároh.“ – „???“
Jetzt war ich doch wohl alle Varianten durch. Ich zeigte hilflos mit dem Finger auf das Objekt der Begierde. Das Gesicht der Verkäuferin erhellte sich:
- „Ah, tvaróg!“ –
War das nicht das ERSTE, was ich gesagt hatte??? – Egal. Sie holte eine Quarkdose aus dem Regal, ich nahm das Gewünschte an mich, zahlte und zog grübelnd von dannen: Wie komme ich wohl das nächste Mal zu Quark?

Freitag, 17. September 2010

Kiew skurril

Goldener Herbst

September. Sonne. Warm. Im Uni-Gelände bemerkte ich eine wunderschöne Kombination aus intensiven Farben: blauer Himmel, grüne Bäume, rote und gelbe Uni-Gebäude, an denen die Studentinnen vorbeiflanierten. Irgendwie sahen sie alle gleich aus: Lange Haare, geschminkte Gesichter, schwarze Jäckchen, kurze Röckchen, Strumpfhosen, elegante schwarze Täschchen und halbhohe schwarze Stiefelchen. Sie schienen sogar im Gleichschritt zu gehen, wenn sie nebeneinander liefen.

Prunk und Protz am Sophienplatz

Stadtzentrum. Das größte Gebäude auf dem Sophienplatz sieht auf den ersten Blick aus wie ein Werk des Klassizismus, beim genaueren Hinsehen dagegen wirkt der halbrunde betongraue Bau eher furchteinflößend. Von unserer Exkursionsleiterin erfuhren wir, ein österreichisch-deutsches Studentengrüppchen, dass dieses Gebäude zu Sowjetzeiten als Residenz der KPdSU erbaut wurde - genau an dem Ort, wo vorher eine gewaltige, von weit her zu sehende Kirche gestanden hatte, die man aber natürlich abreißen "musste". Die Österreicher tuschelten: "Sieht ja bedrohlich aus." - "Soll es wahrscheinlich auch."

Ebenfalls auf dem Sophienplatz befindet sich eine riesige Kirche, weißes Gemäuer, hellblaue Fassaden, goldene Verzierungen und goldene Kuppeln. Als ich im März 1998 in dieser Gegend herumspazierte, war eben dort noch wildes Feld. Nur ein halbes Jahr später sah ich am gleichen Ort eine fast fertig gebaute Kirche. Zuerst glaubte ich an eine Luftspiegelung, immerhin befindet sich am anderen Ende der Straße die im ähnlichen Stil erbaute Sophienkirche. Es stellte sich heraus, dass man da, wo ich die Fata Morgana vermutete, in Rekordzeit die sogenannte Michaeliskirche aus dem 12. Jahrhundert wiederaufbaute, die in den 30er Jahren abgetragen worden war. Komisch, für den Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche hatte man 15 Jahre gebraucht. Welche Qualität muss dann das Gemäuer einer Kirche haben, die nicht weniger pompös ist und im Laufe eines Jahres aus dem Boden gestampft wird? In irgendeiner Kiewer Zeitung las ich, dass der Glockenklang der fertig gebauten Michaeliskirche vom Band kommt - das Läuten einer echten Glocke würde die Statik nicht aushalten.

Lorelei-Effekt

Einmal spazierte ich über eine extrem lange Dnepr-Brücke. Auf der anderen Seite zogen sich bewaldete Hügel entlang, aus denen die goldenen Türme und Kuppeln des Höhlenklosters herausragten. Beim Laufen schaute ich die ganze Zeit wie gebannt auf dieses Bild, achtete aber nicht auf den Weg. Das war jedoch kreuzgefährlich: Der Fußweg über die Brücke war geradezu übersät mit Schlaglöchern; an jeder Laterne befand sich ein vielleicht quadratmetergroßes Loch, in das man mit einem Bein hätte reinrutschen und sich verheddern können, schlimmstenfalls wäre man völlig durchgerutscht und in den Dnepr gefallen. Ich war in einer ähnlichen Situation wie die Rheinschiffer, die versuchten, an der Lorelei vorbeizukommen. Wie besessen starrte ich auf das grün-goldene Szenarium auf der anderen Seite, bis mir eine innere Stimme zuflüsterte: Schau auf den Weg! Keine Sekunde zu früh: Kaum schaute ich auf den Weg, sah ich schon einen Meter vor mir das nächste Loch. Das wiederholte sich mehrmals... Ich muss einen mächtigen Schutzengel gehabt haben. - Später erinnerte ich mich an ein altes DDR-Russischlehrbuch, in dem ich mal einen Dialog zwischen einem Kiewer und einem deutschen Touristen gelesen hatte. Der Kiewer sagte dort: "Die Kiewer Brücken sind alle in einem hervorragenden Zustand - ich habe sie selbst gebaut."

Erziehung anno 1998

Einmal nahm ich an einer Lehrersitzung an einem Kiewer Institut teil. Als Gast. Freiwillig. Für den Lehrkörper war Teilnahme Pflicht. - Thema der Veranstaltung: Fragen der Erziehung der ukrainischen Jugend. Ich betrat den Hörsaal, ohne recht zu wissen, was mich erwartet. Was ich schließlich sah und hörte, erinnerte an eine sozialistische Versammlung: Vorn - ein großer langer Tisch mit roter Tischdecke. An dem Tisch saß die Institutsleitung, vielleicht zehn Leute. Die traten alle nacheinander auf, jeder hielt eine flammende Ansprache, die er mit dramatischen Gesten begleitete. Es gab verschiedene Vorträge, aber der Kerngedanke war immer der gleiche: Die ukrainische Jugend muss zum Patriotismus erzogen werden: zur Liebe zur ukrainischen Heimat, Sprache, Kultur, Literatur... Auf der anderen Seite des Saales saßen die Lehrer, hörten zu oder korrigierten Hefte unter der Bank. Die Kollegin, die direkt neben mir saß, tuschelte mir zu: „Verstehe ich nicht, weshalb du FREIWILLIG daran teilnimmst…“

Wenn Köpfe rollen

Taras Schewtschenko ist der ukrainische Nationaldichter. Geboren in der zaristischen Ukraine als Leibeigener - freigekauft von Petersburger Literaten/Künstlern auf Grund seines unglaublichen Mal-Talents - später Begründer der ukrainischen Literatursprache - Kämpfer für die von den Russen unterdrückte ukrainische Sprache, für die Abschaffung der Leibeigenschaft und die Unabhängigkeit der Ukraine - jahrzehntelang entweder unter Zensur in Petersburg, im Zuchthaus oder in der Verbannung. Nationalromantiker pur - und Balsam für die Seele der nach Eigenständigkeit dürstenden Ukrainer. Kein Wunder, dass er nach 1991 zur Symbolfigur der unabhängigen Ukraine aufstieg.

In fast jeder ukrainischen Stadt gibt es unbedingt ein Schewtschenko-Denkmal und ein Lenin-Denkmal. Sieht man so ein Denkmal von weitem, kann man normalerweise schon an der Körperhaltung erkennen, wer das sein soll: Lenin steht aufrecht, mit rausgestreckter Brust und nach vorn gestrecktem Arm. Schewtschenko dagegen steht geduckt, als wenn er jeden Moment einen Schlag in den Nacken erwartet. Nur einmal hat mich ein solches Denkmal aus der Fassung gebracht: Ich betrat das Foyer eines Kiewer Instituts. Vor mir stand ein riesiges weißes Monument, größer als ich. Ich schaute langsam an ihm herauf. Mein erster Gedanke war: Er steht gerade, die Brust ist rausgestreckt, also ist's wohl Lenin. Als meine Augen dann beim Kopf angelangt waren, begann ich mich aber doch zu wundern, denn das war eindeutig der Kopf von... Schewtschenko. Zuerst dachte ich, man hätte den Kopf nach 1991 ausgewechselt, aber überlegte dann, dass das ja Blödsinn ist. Ich schlenderte rüber zur Garderobe, wo die zuständige Frau nicht nur Mäntel entgegennahm, sondern auch Kopier-Dienstleistungen betrieb. Als sie meine Unterlagen kopierte, sah ich mich ein wenig im Garderobenraum um. Links in der Ecke stand eine Kiste, aus der etwas Merkwürdiges herausragte... ja, richtig: eine weiße Lenin-Büste, die perfekt auf Körper des Denkmals am Eingang gepasst hätte. – Ob man den Schewtschenko-Kopf mal zwischenzeitlich mit dem von Juschtschenko ausgetauscht hatte, konnte ich bisher nicht herausfinden.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Goldene Kuppeln und Kastanien
Kiew. Mutter der russischen Städte und Jerusalem des...
Kaggi-Karr - 26. Sep, 00:48
Russen über Russland
So, jetzt vergesst mal, was unsere deutschen Leitmedien...
Kaggi-Karr - 26. Mai, 01:22
Das Reißverschluss-Problem
An meinem Wintermantel war der Reißverschluss kaputt....
Kaggi-Karr - 30. Mär, 17:04
Leider immer wieder aktuell
Das letzte Kapitel Am zwölften Juli des Jahres zweitausenddrei lief...
Kaggi-Karr - 5. Mär, 13:37
Gleichgültigkeit
Weder der Krieg, noch der internationale Rüstungshandel, weder...
Kaggi-Karr - 5. Mär, 13:32

Suche

 

Status

Online seit 5027 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 26. Sep, 00:48

Credits


Aktuelles
Kiew
Norwegen-Russland-Pendeln
Norwegische Tundra
Russland
Sankt Petersburg
Wladiwostok
Zitate und Gedichte
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren