Wladiwostok

Samstag, 15. Januar 2011

Bin ich schon Russe?

In einer Cafeteria, Wladiwostok-City. Setzen sich zwei Betrunkene an meinen Tisch und wollen wissen, wo ich herkomme. Ich machte es wie immer: Ich liess sie raten. Sie bekamen es nicht heraus. Irgendwas am Akzent sagte ihnen zwar, dass ich Ausländer sein könnte, aber so ganz glaubten sie das doch nicht. Vielleicht ja doch eine Russin? “Kannst du auf russisch fluchen?” fragte der eine. Ich antwortete mit dem russischen Äquivalent von: “Leck mich am A…” (“Paschol ty na hui”). Der Fragesteller schlug sich auf die Schenkel: “Wer SO fluchen kann, muss Russe sein.”

Russisch-Chinesische Grenze

Dienstreise nach Blagoweschensk, ein Provinzstädtchen weit im Fernen Osten, an der Russisch-Chinesischen Grenze. Vom Stadtpark und Amur-Ufer aus kann man rüber nach China schauen. Nachts könnte man sogar meinen, auf der anderen Seite des Flusses wäre Disneyland. So verlockend das Ganze auch aussieht – Russland hat nicht das beste Verhältnis zu seinem südlichen Nachbarn. Direkt am Amur-Ufer steht nämlich ein Triumphbogen mit folgendem Schriftzug auf flusszugewandter Seite: ”Blagoweschensk ist und bleibt Russisch.”

Freitag, 14. Januar 2011

Na Gott sei Dank...

Ich hatte eine Weile mit Wladiwostoker Musikern zu tun. Einmal saß ich mit einen von ihnen im Café, und er sagte zu mir: “Also, ich habe ja bisher immer eine merkwürdige Vorstellung von Deutschen und Ausländern überhaupt gehabt. Jetzt, wo ich dich eine Weile kenne, habe ich plötzlich gemerkt: Du bist ja so wie wir.”

Kälte und Schönheit

Ausflug nach Chabarowsk, die letzte große Station auf dem Weg von Europa nach Wladiwostok, am Zusammenfluss von Amur und Ussuri. Eine der wenigen russischen Städte, in denen die Hauptstraße nicht Leninstraße heißt. Es sind minus 30 Grad, die Fußwege sind vereist und mit winzigkleinen Löchern gespickt. Die kommen von den Pfennigabsätzen russischer Winterstiefelchen. Eine meiner Studentinnen trug solche Stiefelchen, superelegant, aus hauchdünnem Leder. Ich frage sie: ”Sind die nicht ein bisschen kalt?” – Betretenes Schweigen, dann meint sie selbstbewusst: ”Aber dafür sind sie schick.”

Aus dem Alltag eines deutschen Sprachmittlers

Uni Wladiwostok. Deutschkurs. Martin, Deutschlehrer aus Böblingen, bereitet eine Osterfeier vor. Fragt dazu eine Deutsch-Studentin im üblichen höflichen Ton: “Könntest du bis April dieses Gedicht auswendig lernen und vortragen?” – Gequälte Antwort: “Könntest oder musst?” – “Wo ist denn da der Unterschied?” – “Wenn du sagst: ’Du könntest’, dann mache ich es nicht, wenn du sagst: ‘Du musst’, dann mach ich es.” – “OK: Du musst.” – Demütige Antwort der Studentin: “Gut, dann mache ich das.” – Ich erzählte die Story später einer Kollegin. Ihr Kommentar: “Wie süß, sie wollte gezwungen werden!”

***
Weiter erzählt der Deutsch-Lehrer: “Ich hatte meinen Studenten eine BRAVO mitgebracht. Die schlugen das Heft auf und riefen entsetzt: “Um Gottes Willen, das ist ja Pornographie.”

***
Nichts gegen das Engagement diverser deutscher Organisationen in Russland, aber manche Gelder scheinen nicht gerade effektiv investiert zu werden. Der Klassenprimus im Deutschkurs an der Uni Wladiwostok bekam nach langem, erbitterten Kämpfen das ersehnte Semesterstipendium für Deutschland. Auf die Frage, wie sich die glückliche Stipendiatin die Zukunft vorstellt, bekam der Deutsch-Lektor folgende Antwort: “Na wie schon. Ich mache in Deutschland mein Studium zu Ende, finde keine Arbeit und kriege Hartz 4.”

***
Zwei Studentinnen erscheinen beim Deutsch-Lektor in der Sprechstunde:
- "Wir haben gehört, XXX vergibt Stipendien für Studienaufenthalte in Deutschland."
- "Ja, das stimmt."
- "Wir möchten so ein Stipendium.
- "Aha."
- "Für fünf Jahre."
- " ? - - - XXX vergibt aber nur Semesterstipendien."
- "Waaaas?" - - -
- "In welchem Semester seid ihr denn?"
- "Im ersten."
- "Könnt ihr denn Deutsch?"
- "Nein."

Peinlicher Irrtum

Valera und Max, beide um die 20, unterhalten sich mit einer Deutschen. Valera: “Karin, wie heißt das nochmal, woher du kommst?” – “Dresden.” –“Dresden… warte mal… da war doch was…” Max: “Ja, ich weiß, Dresden wurde im Zweiten Weltkrieg bombardiert.” – Valera zu Karin: “Entschuldigung.”

Post nach Deutschland

Auf dem Postamt in Wladiwostok. “Wieviel kostet ein Paket nach Deutschland?” – “Kommt drauf an. Mit Flugzeug – zwei Wochen. Auf dem Landweg – vier Wochen. Seetransport ist auch möglich.” – “??? Wie lange dauert denn das?” – “Darüber werden keine Angaben gemacht.”

Mmh... würde gern wissen, auf welcher Route der Seetransport Wladiwostok - Deutschland verläuft. Durch den nördlichen Seeweg kommt man ja wohl nur mit Atom-Eisbrecher. Und die südliche Route ist glatt ne halbe Weltumseglung... Egal. Ich hab's auf dem Landweg verschickt, das Paket. War sogar eher da, als die Postfrau prophezeit hatte.

Rock-Party

Nastias Kommentar zu meinem Wladiwostoker Party-Verhalten: ”Das muss mit in mein Buch. Eine internationale Fete, mit Amis, Russen, Deutschen und Japanern, im Computer läuft russischer Rock, und eine Deutsche singt lautstark mit: ‘Geboren in der UdSSR’ “.

Die Drei Höhlen

Außerhalb von Wladiwostok. Wir gingen im verschneiten Wald spazieren, auf der Suche nach einem Grillplatz: ”Die drei Höhlen”. Die Männer schleppten kiloweise Grillzeug mit, und ich dachte, in einer Viertelstunde sind wir sicher da. Von wegen. Wir liefen und liefen, machten immer mal wieder Rast und tranken Bier. Irgendwann fragte ich: ”Wie weit ist es noch?” – ”Noch ein paar Kurven und ein paar Hügel.” – ”Und wie lange laufen wir noch?” – ”Noch ein bisschen.” – ”Wieviel Minuten?” – ”Ziemlich viele.” – ”Seid ihr sicher, dass die Richtung stimmt?” – ”Nein.”

An unserer Wanderung nahm auch ein Deutscher teil, der hing aber manchmal hinterher. Tolik rief ihm dann im schönsten Deutsch zu: ”Deutsche Soldaten, nicht kapitulieren!”

Angekommen in den ”Drei Höhlen”, einer als Bunker gedachten Anlage mitten im Wald, begannen wir zu grillen. Das erste Stück Fleisch nebst Wodkaglässchen stellten wir auf einen Felsvorsprung – als Opfer für die Waldgeister.

Wir schauten uns um. In unserer Grill-Höhle waren die Wände mit diversen Schmierereien bedeckt, unter anderem mit Hakenkreuzen. Triumphierender Kommentar eines Russen zu uns Deutschen: “Seht ihr, ihr wart auch schon da.”

Schwermut

Russische Studenten-Geburtstagsparty. Nach Essen, Tanzen und Gesellschaftsspielen wird der Raum abgedunkelt, einer der Jungs nimmt die Gitarre und spielt eines der schwermütigsten Lieder der Gruppe Kino: ”Mama, wir sind alle schwer krank, Mama, wir sind alle verrückt geworden...” Ringsumher betretene Stille. Das Lied ist zu Ende, immer noch schweigt alles und stiert vor sich hin. Nach einer Minute plötzlich eine dunkle Stimme: ”Das ist der Zustand unserer Seele.”

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